Steindlgasse 6, Wien
Steindlgasse 6, Wien
Wien, 2022
Steindlgasse 6/Kurrentgasse 2, Wien, 1. Bezirk
Durchgeführte Leistungen:
- Bestandserfassung
- Bauforschung
Objektgeschichte:
Das Gebäude kann aufgrund seiner Baustruktur zum mittelalterlichen Stadtkern gezählt werden. Bis 1420 gehörte das Objekt zum jüdischen Viertel der Stadt, dessen Außenmauer entlang der heutigen Steindlgasse verlief. Entsprechende Mauerstrukturen sind im Kellergeschoß noch erhalten geblieben.
Zahlreiche weitere Befunde deuten darauf hin, dass in den Außenwänden großteils mittelalterliche Bausubstanz vorhanden ist. Anhand mehrerer Befunde konnte die vormalige, mittelalterliche Geschoßteilung eruiert werden, wobei zwei Obergeschoße und ein Dachgeschoß für diese Bauphase angenommen werden können.
Als erste urkundlich erwähnte Besitzerin des Hauses ist die Kammerfrau der Königin, Helene Kottanerin, um 1454 angeführt.
Vermutlich wurde das Haus im 16. Jahrhundert gravierend baulich verändert und erhielt im Wesentlichen die rezente Kubatur. Dies kann unter anderem an der nun freigelegten Riemenbalkendecke im 1. Obergeschoß, dessen Hölzer mittels einer dendrochronologischen Untersuchung in die Jahre 1525-47 datiert werden konnte und an den Steingewänden der Fenster im 2. Obergeschoß erkannt werden. Diese floral bemalte Riemenbalkendecke zählt in ihrer Art zu den heute seltenen Ausstattungselementen im historischen Stadtkern von Wien.
Eine bauliche Weiterentwicklung erfährt das Gebäude im 18. Jahrhundert, als nicht nur 1757 die Fassade modernisiert, das 3. Obergeschoß ausgebaut und ein neues Dachgeschoß aufgesetzt wurde, sondern kurz davor (1742) die damalige Besitzerin Barbara Koller von Mohrenfels die bereits vorhandene Kapelle des hl. Stanislaus Kostka im Stil des Rokoko opulent ausstatten ließ.
Als 1915 der Christliche Verband der weiblichen Hausbediensteten das Haus kauft, wird im nord-östlichen Bereich ein neues Stiegenhaus errichtet, welches vom Keller-Zwischengeschoß bis in das 3. Obergeschoß reicht.
Das Gebäude ist im Besonderen durch barocke Ausstattung und Umbauten geprägt. Doch auch bauliche Spuren vorhergehender älterer Bauphasen sind in Keller- und Erdgeschoß bis heute erfahrbar. Das Objekt stellt somit ein eindrucksvolles Beispiel für die baugeschichtliche Entwicklung der inneren Stadt vom ausgehenden Mittelalter bis in die Gegenwart dar.